• Ausstellungsansicht Antje Schiffers. Im Widerstand, im Aufbau, in der städtischen Kantine 2022 Haus Coburg Foto Jens Weyers1_1680

    Antje Schiffers - Im Widerstand, im Aufbau, in der städtischen Katine

    Soloausstellung in der Städtischen Galerie Delmenhorst

Die Kunst von Antje Schiffers kreist um Be­grif­fe wie Welt­an­eig­nung, Welt­be­schrei­bung oder ein­fa­cher: dem „Un­ter­wegs­sein“. Schiffers ist eine Rei­sen­de, die kommt, um zu blei­ben – zu­min­dest für eine Wei­le, um in ei­nem Dorf zu le­ben, zu ar­bei­ten und da­bei in frem­de Kul­tu­ren ein­zu­tau­chen.

11.04.2022

Wäh­rend ih­rer Auf­ent­hal­te ent­ste­hen nicht nur Bil­der, Fo­to­gra­fien oder Vi­de­os, son­dern vor al­lem Be­geg­nun­gen mit Men­schen. Die­se er­ge­ben sich über ein ein­fa­ches Tausch­ge­schäft. In Ita­lien, Russ­land oder Us­be­ki­stan mal­te sie Bil­der ge­gen Kost und Lo­gis. In Bran­den­burg bie­tet sie den Bau­ern Ge­mäl­de von ih­ren Hö­fen an, um im Gegenzug Filme über ihre Be­trie­be zu erhalten.
Ausstellungsansicht
Bild: Ausstellungsansicht im Haus Coburg, Foto: Jens Weyers
Für ih­re ak­tu­el­le So­lo­aus­stel­lung im Haus Coburg hat Antje Schiffers al­le Part­ner­städ­te von Del­men­horst be­reist, um dort als eine Art „dip­lo­ma­ti­sche Ver­tre­te­rin“ den Aus­tausch zu för­dern. Sie setz­te da­mit um, was zum We­sen je­der Städte­part­ner­schaft da­zu­ge­hört, näm­lich das ge­gen­sei­ti­ge Ken­nen­ler­nen. An­lass die­ser Idee war das 650. Stadt­rech­te-Ju­bi­läum des Aus­stel­lungs­or­tes. Am 15. Juni 1371 wurde Del­men­horst das Stadt­recht ver­lie­hen. Ei­ne ge­lun­gene Fu­sion von zeit­ge­nös­sischer Kunst und Stadt­ge­schich­te. Von August 2021 bis März 2022 hat die Künstle­rin fünf Or­te be­sucht: Lublin in Polen, Kol­ding in Däne­mark, Allonnes in Frank­reich, Ebers­wal­de in Brandenburg und das russische Borisoglebsk.
Um als Vertreterin von Del­men­horst über­zeu­gend auf­tre­ten zu kön­nen, hat­te sich Schiffers, die ne­ben Eng­lisch auch Fran­zö­sisch und Rus­sisch spricht, zu­nächst ein­mal mit der Stadt selbst be­fasst. Sie hat In­ter­views in der Stadt­ver­wal­tung, der Städti­schen Ga­le­rie und im In­du­strie­mu­seum ge­führt. Dort hat sie Rainer Duczek, den letz­ten Lehr­ling der Nord­deut­schen Woll­käm­me­rei ge­trof­fen, die 1981 die Pro­duk­tion ein­stell­te. Sie führ­te Ge­sprä­che mit Margrid Kettler und Kurt Reiss­weber, die bei­de bei Delm­od be­schäf­tigt war. Das Mo­de­un­ter­neh­men, das den Ruf der Stadt Del­men­horst als be­deu­ten­den Stand­ort der Be­klei­dungs­in­dust­rie lan­ge mit­ge­prägt hat, musst­e 2009 In­sol­venz an­mel­den. Durch all ihre Re­cher­chen form­te sich ein Image von Del­men­horst, das Antje Schiffers in die Part­ner­städ­te mit­ge­nom­men hat. Je­den Ort be­such­te sie et­wa eine Wo­che lang. „Ich kann­te nie­man­den in kei­ner der Städ­te, nur in Ebers­wal­de habe ich Freun­de“, be­schreibt sie ihre Aus­gangs­po­si­tion. Als Gast­ge­schen­ke hat­te die „Bot­schaf­te­rin“ selbst­ge­stal­tete Tisch­decken im Ge­päck, die sie mit Del­men­hor­ster Mo­ti­ven be­druckt hat. Im Gegenzug erhielt sie Mitbringsel wie Textilien und Figuren, aber auch Interviews, Videos und Fotografien, die nun im Haus Coburg versammelt sind.
Antje Schiffers bei der Eröffnung ihrer Ausstellung
Bild: Antje Schiffers bei der Eröffnung, Foto: Birgit Denizel
Zu je­der Sta­tion hängt eine Zei­tung zum Mit­neh­men an der Wand, die über die ein­zel­nen Ob­jek­te und de­ren Her­kunft Aus­kunft gibt. Schif­fers be­rich­tet aus ei­ner per­sön­li­chen Per­spek­ti­ve, fo­kus­siert mit­un­ter Ne­ben­säch­li­ches. Auf dem Kunst­hand­wer­ker­markt in Lub­lin kauf­te sie ein bun­tes Ge­hän­ge aus Stroh und Pa­pier, dass man zu Festen wie Ostern und Weih­nach­ten her­stellt, um es an­schlie­ßend zu ver­bren­nen. In Allonnes aß sie mit­tags im­mer in der Städtischen Kan­ti­ne, de­ren Kü­che sie be­such­te. Für al­le Kin­der­tages­stät­ten, Schu­len und Se­nioren­heim wer­den dort täg­lich et­wa 1000 Es­sen ge­kocht. In Kol­ding traf die „Bot­schaf­te­rin“ Mit­glie­der ei­ner Volks­tanz­grup­pe. In Ebers­wal­de lern­te sie die In­dustrie­ge­schich­te ken­nen und be­such­te das Film­fest mit dem tref­fen­den Ti­tel „Pro­vin­zia­le“. Aus Borisoglebsk stammt ein aus­ge­stopf­ter Woronesch-Biber.
Da­rü­ber, dass ihr „Bei­trag zur Völ­ker­freund­schaft“ am Frei­tag mit so zahl­rei­chen Be­suchern – auch aus den Part­ner­städ­ten – ge­wür­digt wur­de, freu­te sich die Künstle­rin eben­so wie über das an­schlie­ßen­de Er­öff­nungs­fest. Ge­fei­ert wur­de mul­ti­kul­tu­rell mit rus­si­schem He­ring im Pelz­man­tel, pol­ni­schem Zwie­bel­ku­chen, Wür­sten aus Ebers­wal­de, Pa­stete aus Allonnes und Rum­ku­geln nach Art von Kol­ding.
Antje Schiffers wurde 1967 in Heiligendorf geboren, studierte Kunst, Ger­ma­nis­tik und Phi­lo­so­phie an der Hoch­schu­le für Bil­den­de Kün­ste und der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Braunschweig. 2011 hatte sie eine Gastprofessur an der Uni­ver­si­tät Hil­des­heim in­ne. Ne­ben welt­wei­ten Aus­stel­lun­gen wur­de sie für ihre Ar­beit viel­fach aus­ge­zeich­net, da­run­ter 2007 mit dem Spren­gel-Preis für Bil­de­nde Kunst der Nie­der­säch­si­schen Spar­kas­sen­stif­tung, 2010 er­hielt sie ein Rei­se­sti­pen­di­um des Goethe In­sti­tuts in San­ti­ago de Chile so­wie – last not least – im Jahr 2021 den Pau­la-Mo­der­sohn-Becker-Kunst­preis. Be­reits seit 2003 ar­bei­tet sie mit Kathrin Böhm (GB) und Wapke Feenstra (NL) in der Kün­stler­ini­tia­tive „Myvillages“. An die­sem Netz­werk von länd­li­chen Or­ten sind ver­schie­de­ne Pro­du­zen­ten be­tei­ligt. Im Shop wer­den et­wa Holz­hocker aus Brezoi, Kar­tof­fel­beu­tel aus der Lüne­bur­ger Hei­de oder bäuer­li­che Por­zel­lan­wa­re von der Cartuja de Sevilla an­ge­bo­ten. Die Pro­duk­te sind in Ge­schich­ten ein­ge­bet­tet, die von ihrer Ent­ste­hung, lo­ka­len Res­sour­cen und Pro­duk­tions­be­din­gun­gen er­zäh­len.
Mehr über die Künstle­rin un­ter https://www.oldenburg-tourismus.de/radfahren
 

Autorin

Birgit Denizel

Birgit Denizel

Birgit Denizel ist als freie Kultur- und Kunst­wis­sen­schaft­le­rin tätig.

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Antje Schiffers

Im Widerstand, im Aufbau, in der städtischen Kantine.

Ausstellung vom 9. April bis 19. Juni 2022

Städtische Galerie Delmenhorst
Fischstraße 30
27749 Delmenhorst

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 11–17 Uhr

Donnerstag 11–20 Uhr

Montag geschlossen

Tischdecken mit Delmenhorster Motiven und Kataloge über die Künstlerin sind im Shop erhältlich.

Mehr Informationen

www.staedtische-galerie-delmenhorst.de

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Birgit Denizel

Birgit Denizel ist als freie Kultur- und Kunst­wis­sen­schaft­le­rin tätig.

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