Lerchenstraße 14
Ein Erinnerungsort wird zur Forschungsstätte
In der Oldenburger Lerchenstraße 14 ist Horst Janssen aufgewachsen. Inzwischen wird an dem Ort seiner Kindheit über sein Leben und Werk geforscht. Der Verein der Freunde und Förderer des Horst-Janssen-Museums hat ein Stipendium initiiert, das erstmals an die Künstlerin Alina Helmcke vergeben wurde.
07. April 2022
Seitenweise hat der Zeichner Horst Janssen über seine Kindheit geschrieben, die er bei seinen Großeltern in Oldenburg verbrachte. Im Rückblick schwelgte er gerne in den Erinnerungen an sein Zimmer, das zwischen der Küche und Opas Schneiderwerkstatt lag und dass er als Ort „tiefster Gemütlichkeit und Unangreifbarkeit“ beschreibt. Dieses Zimmer, so Janssen, „hatte einen absoluten Mittelpunkt, das war mein Gitterbett, in dem ich noch mit zehn Jahren schlief“. Auch wenn die Hundehütte, wie man die Oldenburger Häuser dieser Bauweise bezeichnet, jüngst umfassend renoviert wurde, hat das Haus seine Aura als Kinderstube des Ausnahmekünstlers nicht verloren. Ein idealer Ort um dem Künstler und seinem reichen Schaffen nachzuspüren. Das dachten sich auch alle Beteiligten, die zur Idee des neuartigen Stipendiums beigetragen haben. Schnell wurden sich die Ideengeber, die Freunde und Förderer des Horst-Janssen-Museums, mit dem Hauseigentümer Johannes Oetken einig, der eine der Wohnungen in dem Gebäude für das engagierte Vorhaben zur Verfügung stellt. Dass inzwischen die erste Stipendiatin im Hause angekommen ist und mit ihrer Forschung die Kenntnisse über den Namensgeber des Museums bereichert, darüber freuen sich auch Dr. Jutta Moster-Hoos als wissenschaftliche Leiterin des Horst Janssen Museums und Christiane Cordes, Amtsleiterin für Kultur, Museen und Sport. Sie alle kamen zur Stippvisite.
Neun Monate dauert das Forschungsstipendium, das alternierend mit einen Stipendium zur Kuratierung einer Ausstellung stattfinden soll. Den Auserwählten stehen für ihre Arbeit die grafische Sammlung des Museums, die Datenbank, die Bibliothek sowie der schriftliche und fotografische Nachlass Janssens zur Verfügung. Feste Vorgaben werden den Stipendiatinnen und Stipendiaten dabei nicht gegeben. „Das Format des Stipendiums ist selten. So viele Beispiele in dieser Konstellation kenne ich in Deutschland nicht“, betont Dr. Jutta Moster-Hoos. Alina Helmcke hat das Haus im Januar bezogen: „Die Wohnung ist toll, sie ist ruhig und wunderschön eingerichtet.“ Das Horst-Janssen-Museum ist ihr nicht unbekannt. Im vergangenen Jahr war die 48-Jährige mit einer Arbeit in der Ausstellung „Janssen ANIMIERT“ vertreten. Im Rahmen ihres Stipendiums befasst sie sich nun mit Janssens Frühwerk und seiner Linienführung. „Ich habe mich gefragt, ob Janssen immer aus dem Lameng gezeichnet oder aber Vorzeichnungen seiner Bildideen gemacht hat. Um zu schauen, ob in seinen Werken die Antworten auf meine Fragen zu finden sind, kann ich in das Grafik-Archiv gehen. Das ist der Vorteil der Nähe zum Museum“, erläutert Helmcke.
Inge von Danckelman, 1. Vorsitzende des Fördervereins, dankte vor allem dem Oldenburger Immobilienunternehmer Johannes Oetken, der dieser Idee von Beginn an positiv gegenüber stand, sowie auch den Mitgliedern: „In das Projekt sind die Beiträge von über 360 Mitgliedern eingeflossen. Das zeigt auch, welches hohe bürgerschaftliche Engagement dahinter steht, solch ein Stipendium zu ermöglichen. Damit entsteht nicht nur ein Mehr an Forschung. Durch das Stipendium kann sich das Museum auch überregional nochmals neu vernetzen. Junge Wissenschaftler und Künstler kommen nach Oldenburg und tragen das Werk von Janssen von hier aus weiter in die Welt.“
Das Engagement von Johannes Oetken kommt nicht von ungefähr. Sein Vater, Jahrgang 1921, wohnte in der Nachbarschaft und hat mit dem acht Jahre jüngeren Janssen so einige Mutproben abgehalten, die Janssen tapfer bestanden hat. Oetkens Ausgabe des Katalogs, der 1992 zu Janssens Oldenburger Ehrenbürgerschaft herausgegeben wurde und auf der Titelseite das Wohnhaus der Großeltern zeigt, wurde von Janssen persönlich signiert. Oetken wünscht der ersten Stipendiaten, „dass der Spirit des Hauses nun seine Wirkung tut“.