

Ein Schutzraum für junge Mädchen
07. Juli 2025Auf dem Dormannshof in Jaderberg finden 14 Mädchen ein Zuhause auf Zeit in zwei heilpädagogischen Wohngruppen.
Laura war 16 und ging zur Hauptschule – wenn sie denn zur Schule ging. Immer häufiger fehlte sie – unentschuldigt. Laura, die eigentlich anders heißt, aber hier geschützt werden soll, kam mit ihrer Lebenssituation nicht mehr zurecht. In der Schule und im Freundeskreis wurde sie gemobbt. Zuhause Eltern, die unter Depressionen litten und sie nicht schützen konnten. Irgendwann schaltete die Schule das Jugendamt ein. Und so kam Laura aus ihrer toxistischen Umgebung auf den Dormannshof.
Idylle pur in der Wesermarsch
Der Dormannshof in der Wesermarsch-Gemeinde Jaderberg strahlt Idylle pur aus. Ein Resthof, zwei Hektar Gelände, Pferde – und eine vollstationäre Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung für Mädchen. Gründerin und Leiterin ist Sylvia Dormann. Die gelernte Krankenschwester, Heilpädagogin, Bildungs-Transaktionsanalytikerin im Feld Bildung und systemische Familientherapeutin kündigte 2013 ihren festen Job und startete nach zweijähriger Umbauzeit des Hofes ihre Hilfseinrichtung. „Ich wollte damals einen besonderen Schutzraum für Mädchen schaffen“, beschreibt die heute 53-Jährige ihre Motivation. Laura war eine der ersten Schutzbedürftigen. Inzwischen bietet der Dormannshof 14 Mädchen ein Zuhause auf Zeit; demnächst sollen es 18 sein. „Der Bedarf ist enorm groß“, weiß Sylvia Dormann.

Die Mädchen kommen aus ganz Norddeutschland. Auf dem Hof leben sie in zwei heilpädagogischen Wohngruppen – eine für Sechs- bis Zwölfjährige, die andere für Zehn- bis 18-Jährige. Jedes Mädchen hat ein eigenes Zimmer. „Die Mädchen können bei uns solange bleiben, wie sie wollen, wenn sie mitarbeiten. Aber Ziel ist es natürlich, dass sie wieder den Weg in ihre Familien finden“, sagt Sylvia Dormann. Dazu werden auch die Eltern eingebunden. Leider gelängen solche Rückführungen immer seltener, bedauert sie.
Bild: Einige Mädchen trainieren in einer Laufgruppe. Foto: Dormannshof
Die Situation in der Herkunftsfamilie sei fast immer das Problem. „Kinder denken immer, dass sie Schuld sind“, weiß die Einrichtungsleiterin. Daher werde zunächst daran gearbeitet, die Mädchen im geschützten Rahmen in ihrer Persönlichkeit zu stabilisieren und zu stärken. Sie sollen schwierige Aspekte ihrer Lebensgeschichte annehmen und mit ihnen umgehen lernen. Die Mädchen erhalten Unterstützung darin, soziale Kompetenzen und die Vielseitigkeit ihrer emotionalen Empfindungen und deren Ausdrucksfähigkeiten zu erweitern, sodass zum Beispiel Konflikte nicht automatisch durch Macht und Dominanz beendet oder bewusst vermieden werden.
15 Mitarbeiterinnen und ein männlicher Mitarbeiter kümmern sich um die 14 Mädchen: Erzieher, Heilpädagogen, Sozialpädagogen, zwei Traumapädagoginnen, eine Reitpädagogin und Hauswirtschaftskräfte begleiten die Mädchen durch den Alltag, 24 Stunden am Tag. Vormittags besuchen die Mädchen regulär die verschiedenen Schulen in Jaderberg – von der Grundschule bis zum Gymnasium – oder die Förderschulen in Brake und Nordenham. Alle Mahlzeiten werden in den beiden Wohngruppen jeweils zusammen zu festen Zeiten eingenommen. Nachmittags stehen Hausaufgaben auf dem Programm und natürlich ein großer Freizeitblock.

„Wichtig ist uns ein klar geregelter Tagesablauf, was viele Kinder von Zuhause nicht mehr kennen. Das gibt Sicherheit und Orientierung. Dafür gibt es ein festes Regelwerk“; erklärt Sylvia Dormann. Dazu gehört zum Beispiel auch ein regelmäßiger Putzdienst, und es gibt feste Regeln für den Handy-Gebrauch. Nachmittags wird viel Wert auf Bewegung gelegt. Die Mädchen gehen schwimmen oder trainieren in einer Laufgruppe. Ein Mädchen tanzt in einer Ballettgruppe in Varel. Und dann sind da natürlich noch die sechs Pferde auf dem Hof. „Unsere Pferdehaltung bietet den Mädchen ein großes Lernfeld“, weiß Sylvia Dormann. „Das Pferd ist ein unbelastetes Medium, das durch direkte Reaktionen Grenzen setzt, aber auch Zuneigung und Wärme in positiver Beziehungsgestaltung anbietet. Im Umgang mit den Pferden werden Fühlen und Empfinden angeregt und das Bedürfnis nach Getragen werden, nach Halt und Annahme, aber auch körperlicher Nähe werden befriedigt“, erklärt sie. Die Mädchen werden selbstständiger und selbstbewusster.
Das hat auch Laura geholfen. „Es war wirklich schön zu sehen, wie sich entwickelt hat“, freut sich Sylvia Dormann. Nach der Hauptschule hat sie den qualifizierten Realschulabschluss gemacht – „was nicht viele schaffen“. Noch weniger schaffen den Sprung von einer Hauptschule an ein Gymnasium. Ihr Schulleiter traute es Laura zu. An der KGS in Rastede hat sie dann Abitur gemacht – und sogar ein sehr gutes. Fünf Jahre, bis zu ihrem 21. Lebensjahr, war Laura auf dem Dormannshof in Jaderberg. Und Sylvia Dormann ist noch heute begeistert von ihrem Werdegang.
Bild: Die Mädchen lieben die Pferde (Gesichter zum Schutz verborgen). Foto: Dormannshof
Die Eltern werden eingebunden
Solange wie Laura bleiben nicht alle Mädchen auf dem Dormannshof. „Abbrüche haben wir Gott sei Dank selten“, sagt die Einrichtungsleiterin. Vielleicht auch deshalb, weil die Einbindung der Eltern Bestandteil der heilpädagogischen Arbeit ist. Mindestens im vierwöchigen Rhythmus führen die Bezugspädagogen und die Einrichtungsleitung persönliche Elterngespräche. Eltern und Geschwister können auch zu Besuch kommen, um den Wohngruppenalltag kennenzulernen – vielleicht auch als Modell. „Wir wollen gewährleisten, dass keine Entfremdung zwischen den Mädchen und ihren Herkunftsfamilien stattfindet“, betont Sylvia Dormann.

Nächste Woche ist der Dormannshof weitgehend verweist. Es sind Schulferien. Die 14 Mädchen und sechs Betreuende lassen dann in Südfrankreich die Seele baumeln und machen Urlaub auf einem Campingplatz. Auch das gehört zur Schaffung eines fürsorglichen, elternähnlichen Umfeldes. „Dafür sind die Mädchen sehr dankbar“, stellt Sylvia Dormann immer wieder fest.
Laura übrigens hätte fast noch studiert, hat sich dann aber doch für eine dreijährige Ausbildung entschlossen. Heute arbeitet sie als Fachangestellte für Medien und Informationsdienste in einer Stadtbibliothek. Sie ist jetzt 28 Jahre alt. Und schaut gern ab und zu auf dem Dormannshof in Jaderberg vorbei.
Bild: Sylvia Dormann Foto: Dormannshof
Oberes Bild: Pferde spielen bei der Therapie eine große Rolle (Gesichter zum Schutz teilweise verborgen) Foto: Dormannshof
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