• Mahnmal Peterstraße

    Denk mal!

    Erinnerungsorte in Oldenburg

Kennen Sie das auch? Im Urlaub sehen wir uns inte­res­siert alle Denk­mä­ler an, machen ein Foto oder blät­tern im Rei­se­füh­rer nach. Zu­hau­se je­doch ra­deln wir an ihnen vorbei, ohne zu wis­sen, worüber sie erzählen.

17. April 2020

Dabei ist nicht jedes Kunst­werk, das wir im Stadt­raum ent­decken, un­be­dingt ein Denk­mal. Oft ist es auch Kunst im öffent­lichen Raum. Für ein Denk­mal exis­tiert eine fes­te De­fi­ni­tion: Es dient „dem be­stimm­ten Zweck, ein­zel­ne mensch­liche Ta­ten oder Geschicke im Be­wusst­sein der nach­le­ben­den Ge­ne­ra­tio­nen ge­gen­wär­tig und le­ben­dig zu hal­ten.“ So for­mu­lier­te es der Ge­schichts­for­scher Alois Riegl 1903. Dabei sind die For­men der Denk­mä­ler so viel­fäl­tig wie die An­läs­se, zu denen sie er­rich­tet werden.
Friedenssäule
Bild: Friedenssäule, Ofenerstraße, Oldenburg, Foto: Birgit Denizel
Weil Oldenburg lan­ge ein Gar­ni­sons­stand­ort mit vie­len Mi­li­tär­ver­bän­den war, exis­tie­ren im ge­sam­ten Stadt­raum vie­le Krie­ger­denk­mä­ler. Dazu ge­hört die so­ge­nann­te „Frie­dens­säu­le“ an der Ofe­ner Stra­ße, Ecke Peter­stra­ße. 1878 wurde sie zum Ge­den­ken an die Ge­fal­le­nen des deutsch-fran­zö­si­schen Krie­ges 1870/71 auf­ge­stellt. Eigent­lich han­delt es sich um eine Sie­ges­säu­le, doch weil sie bei der Ein­wei­hung als „Frie­dens­säu­le“ be­zeich­net wur­de, be­hielt sie die­sen Na­men eben­so wie der Platz seit­her „Frie­dens­platz“ heißt. Etwa 200 Zent­ner wiegt die Säu­le aus ro­tem Gra­nit. Bis 1942 be­fand sich oben­auf noch eine bron­ze­ne Dar­stel­lung der rö­mi­schen Sie­ges­göt­tin Viktoria. Die Figur wur­de wie alles ver­wert­ba­re Me­tall zu Rüs­tungs­zwecken ein­ge­schmol­zen und bis heute nicht er­setzt, weist doch gerade ihr Feh­len zu­gleich auf den Zwei­ten Welt­krieg hin. Die meis­ten aller Olden­bur­ger Kriegs­denk­mä­ler wur­den nach dem Ersten Welt­krieg er­baut und ab den 1940er Jah­ren um Ge­denk­ta­feln für die Ge­fal­le­nen des Zwei­ten Welt­kriegs er­gänzt. In der Denk­mal­kunde wird die­se Pra­xis als Fort­schrei­bung be­zeich­net. Die Ring­pfei­ler­halle in Eversten ist dafür ein Bei­spiel. Heute gilt sie als Ge­denk­ort für alle Opfer der bei­den Welt­kriege.

Unweit von der ge­nann­ten Frie­dens­säu­le ent­fernt, an der Peterstraße, be­fin­det sich das Mahn­mal für alle Opfer des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus in Olden­burg (siehe Büh­nen­bild). Ge­schaf­fen wur­de es im Jahr 1990 von dem Olden­bur­ger Bild­hauer Udo Reimann. Auf dem Fun­da­ment der in der Reichs­po­grom­nacht 1938 zer­stör­ten Olden­bur­ger Sy­na­go­ge er­rich­te­te er über hun­dert Basalt-Stelen. Wie vom Jetzt in die Ver­gan­gen­heit, gilt es meh­re­re Stu­fen hin­ab­zu­ge­hen, um zu den Stelen und den zwei davor lie­gen­den stei­ner­nen Schrift­ta­feln zu ge­lan­gen. Die Stu­fen sind auch da, um sich zu set­zen. Gegen­über, vor dem Olden­bur­ger Kul­tur­zen­trum PFL, wurde 2013 eine Tafel mit 175 Namen ins­tal­liert, wel­che die Erin­ne­rung an die jü­di­schen Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger Olden­burgs wach­hal­ten soll.
Helene Lange
Bild: Büste von Helene Lange, Foto: Birgit Denizel
Im Vergleich zu den Kriegs­ge­denk­stät­ten und Mahn­ma­len sind klas­si­sche fi­gür­liche Dar­stel­lun­gen in der Stadt nicht so oft zu ent­decken. „Per­so­nen­denk­mä­ler fin­det man Olden­bur­ger ver­gleichs­weise sel­ten“, weiß Friedrich Precht als ehe­ma­li­ger Denk­mal­pfle­ger der Stadt Olden­burg zu er­zäh­len. Be­kannt ist das über­le­bens­gro­ße Bron­ze­stand­bild von Herzog Peter Friedrich Ludwig aus dem Jahr 1893, das auf dem Schloss­platz steht. Eben­falls aus dem 19. Jahr­hun­dert stammt das Her­bart­denk­mal in der Grün­an­la­ge ge­gen­über dem gleich­na­mi­gen Gym­na­sium. 1876 auf­ge­stellt, erin­nert es an den in Olden­burg ge­bo­re­nen Phi­lo­so­phen und Pä­da­go­gen Johann Friedrich Herbart (1776–1841). Gleich zwei Olden­bur­ger Pro­mi­nen­ten be­geg­net man im Cä­ci­lien­park. Zum 100. Ge­burts­tag des Phi­lo­so­phen Karl Jaspers (1883–1969) schuf die Bild­haue­rin Christa Baumgärtel 1983 die bron­ze­ne Büste, die dort – auf­grund der Nähe zu Jaspers' Ge­burts­haus in der Roon­straße – ihren Platz fand. Bevor Karl Jaspers zu einem der be­deu­tends­ten Ver­tre­ter der Exis­tenz­phi­lo­so­phie avan­cier­te, war er als Psy­chia­ter tätig. Nach ihm wurde die Karl-Jaspers-Klinik be­nannt. Die Skulp­tur zeigt Jaspers, als würde er an einem Steh­pult einen Vor­trag hal­ten. Da­ne­ben steht eine Büste der Pä­da­go­gin und Frauen­recht­le­rin Helene Lange (1848–1930). Sie wur­de in der Ach­tern­stras­se ge­bo­ren. In der bür­ger­lichen Frauen­be­we­gung im Kai­ser­reich setz­te sie sich ve­he­ment für gleiche Bil­dungs- und Be­rufs­chan­cen für Frauen ein. In ganz Deutsch­land wur­den zahl­reiche Schu­len nach ihr be­nannt. Das Werk aus dem Jahr 1995 stammt eben­falls von Udo Reimann.  Als Denk­mä­ler des 20. Jahr­hun­derts be­fin­den sich bei­de Büs­ten auf einem schlich­ten Sand­stein­sockel. Auf den er­hö­hen­den Stu­fen­po­dest wur­de ver­zich­tet.
Ringpfeilerhalle
Bild: Ringpfeilerhalle, Hauptstraße, Oldenburg, Foto: Birgit Denizel
Mehr Denk­mä­ler fin­den Sie auf der Web­seite der Stadt Olden­burg. Dort lässt sich unter „Kunst auf Klick“ ein inter­ak­ti­ver Stadt­plan öff­nen. Unter dem Menü­punkt „Kul­tur“ las­sen sich Mahn­male, Ge­denk­male, Per­so­nen-Denk­mä­ler, aber auch Kunst­wer­ke im öffent­lichen Raum per Maus­klick aus­fin­dig machen: https://www.oldenburg.de/startseite/kultur/

Hinzu kom­men noch die so­ge­nann­ten Bau­denk­mä­ler. Sie um­fas­sen ge­bau­tes Kul­tur­gut, das auf­grund sei­ner his­to­ri­schen Be­deu­tung unter Denk­mal­schutz ge­stellt wurde. Seit 1993 sind sie für die Öffent­lich­keit bun­des­weit ein­mal jähr­lich zu­gäng­lich – immer am 2. Sonn­tag im Sep­tem­ber. Einen um­fas­sen­den Über­blick bie­tet das Buch „Bau­denk­mä­ler im Olden­bur­ger Land“, das 2017 von der Olden­bur­gi­schen Land­schaft her­aus­ge­ge­ben wur­de. Darin wer­den über 700 Kir­chen, Bur­gen, Schlös­ser, Müh­len, In­dus­trie­an­la­gen, öffent­liche Ge­bäu­de, Wohn­bau­ten sowie Parks und Fried­höfe mit Text und Bild vor­ge­stellt, er­gänzt um rund 20 Denk- und Erin­ne­rungs­male. Auch eine Kar­te ist dabei. Der nächs­te „Tag des of­fe­nen Denk­mals“ ist der 13. Sep­tem­ber. Bis dahin bleibt noch viel Zeit. Set­zen Sie sich ein­fach mal auf‘s Rad und machen Sie eine Er­kun­dungs­tour.
Am 18.04. ist übrigens der Internationale Denkmaltag. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
 
Bild: Mahnmal für alle Opfer des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus in Olden­burg, Peter­stra­ße, Olden­burg, Foto: Birgit Denizel

Autorin

Birgit Denizel

Birgit Denizel

Birgit Denizel ist als freie Kultur- und Kunst­wis­sen­schaft­le­rin tätig.

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