Studieren „im Krisenmodus“

Wo bekomme ich Hilfe?

Corona, Klima­wan­del, Kriege – und wie wird die Zu­kunft aus­sehen? Gerade im Stu­dium sind junge Men­schen an­fäl­lig für Ängste und Kri­sen. Wo fin­den sie Hilfe, wenn die Be­las­tung zu groß wird?

18. März 2024

Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn/dpa
Deadlines, Haus­ar­bei­ten, Stress: Ein Stu­dium kann junge Men­schen be­las­ten – auch psy­chisch. Die Prä­si­den­tin des Deut­schen Stu­die­ren­den­wer­kes Beate Schücking mach­te An­fang des Jah­res da­rauf auf­merk­sam, dass der Be­darf der Stu­die­ren­den nach psy­cho­lo­gi­scher Be­ra­tung zu­letzt enorm ge­stie­gen ist.

Dabei haben sich die Be­las­tun­gen laut Schücking ver­än­dert: An­stel­le stu­dien­spe­zi­fi­scher An­lie­gen wie stän­di­ges Auf­schie­ben oder grund­sätz­liche Pro­ble­me mit der Ar­beits­or­ga­ni­sa­tion, geht es heute in der psy­cho­lo­gi­schen Be­ra­tung ver­stärkt um den Um­gang mit Angst­stö­run­gen und de­pres­si­ven Ver­stim­mun­gen. Was kön­nen Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten tun, die mit die­sen Heraus­for­de­run­gen zu kämp­fen haben? Ant­wor­ten auf wich­tige Fragen.

Woran merke ich, dass ich Hilfe brauche?

Die Prüfung in den Sand ge­setzt, die Ab­ga­be­frist ver­passt, im ers­ten Se­mes­ter kaum An­schluss ge­fun­den – Rück­schlä­ge gibt es im Stu­dium immer mal. Acht­sam soll­ten Stu­die­ren­de wer­den, wenn sie nicht nur einen schlech­ten Tag oder eine schlech­te Woche haben.
„Wenn es mir wirk­lich über eine län­ge­re Zeit schlecht geht, mir meine All­tags­auf­ga­ben nicht mehr ge­lin­gen und wenn alles, was frü­her ge­hol­fen hat, nicht mehr hilft – spä­tes­tens dann soll­te ich mir Hilfe suchen“, sagt Kerime Faris-Lewe, Lei­te­rin der psy­cho­lo­gi­schen Be­ra­tungs­stel­le des Stu­den­ten­werks Osna­brück. Wei­te­re An­zei­chen sind der Psy­cho­lo­gin zu­fol­ge etwa an­hal­ten­de Ge­reizt­heit, Kon­zen­tra­tions­pro­ble­me oder der Wunsch, sich mit Dro­gen zu be­täu­ben.

Wo finde ich Hilfe?

„Ein ers­ter Schritt ist, mit ver­trau­ten Per­so­nen zu spre­chen, Freun­den oder El­tern. Dann gibt es natür­lich die psy­cho­lo­gi­schen Be­ra­tun­gen der Stu­die­ren­den­wer­ke an vie­len Unis“, er­klärt Psy­cho­lo­gin Faris-Lewe. „Sie sind nie­drig­schwel­lig, man muss zum Bei­spiel kei­ne Kran­ken­kas­sen­karte vor­le­gen, nur Stu­dent sein.“ Wenn die War­te­zei­ten län­ger sind, kön­nen Be­trof­fe­ne vie­ler­orts Kri­sen­ter­mi­ne, of­fe­ne Sprech­stun­den oder die Tele­fon­seel­sorge wahr­neh­men. „Es gibt auch Chat­mög­lich­kei­ten bei gro­ßen Be­ra­tungs­stel­len – bei­spiels­weise bei der Caritas.“

Was erwar­tet mich in der psy­cho­lo­gi­schen Be­ra­tung an der Hoch­schule?

Die Bera­tungs­stel­len sind eine ers­te An­lauf­stel­le für Stu­die­ren­de mit psy­chi­schen Pro­ble­men, sagt Birgit Klöhn, die als Psy­cho­lo­gin in der Be­ra­tungs­stel­le der Uni­ver­si­tät Pots­dam tätig ist. Die Be­ra­tung kann dabei hel­fen, Pro­ble­me zu iden­ti­fi­zie­ren, ein­zu­ord­nen und Be­hand­lungs­mög­lich­kei­ten auf­zu­zeigen.
In Potsdam etwa wer­den Kurz­ge­sprä­che zu of­fe­nen Be­ra­tungs­zei­ten an­ge­bo­ten, für die es keine An­mel­dung braucht und die circa 20 Mi­nu­ten dauern. Be­ra­tungs­ge­sprä­che mit Ter­min dauern etwa 45 Mi­nu­ten. Die Be­ra­tung kön­nen Stu­die­ren­de auch mehr­fach nut­zen, so­lan­ge sie imma­tri­ku­liert sind. Auf­grund der hohen Nach­fra­ge gebe es je­doch meist eine Warte­zeit von rund sechs Wochen auf einen Be­ra­tungs­ter­min, so Klöhn.

Was ist der Unter­schied zu einer The­ra­pie?

Die Bera­tung kann keine Psy­cho­the­ra­pie er­set­zen. „Eine Psy­cho­the­ra­pie be­schreibt die Be­hand­lung von mani­fes­ten psy­chi­schen Stö­run­gen mit psy­cho­lo­gi­schen Mit­teln“, führt Klöhn aus. „Nur in einer Psy­cho­the­ra­pie dür­fen va­li­de Diag­no­sen ge­stellt werden.“
In der psy­cho­lo­gi­schen Be­ra­tung an der Hoch­schu­le kön­nen die Fach­kräf­te nur den Ver­dacht auf eine be­stimm­te psy­chi­sche Stö­rung äu­ßern. Dann wer­de ge­mein­sam ver­sucht, Lö­sun­gen für die größ­ten­teils aku­ten Pro­ble­me zu fin­den, so Klöhn. Die Be­ra­te­rin­nen und Be­ra­ter kön­nen die Stu­die­ren­den auch unter­stüt­zend be­glei­ten, bis eine pas­sen­de The­ra­pie ge­fun­den wird.

Was, wenn ich im Stu­dium nicht mehr voran­komme?

Wenn alles zu viel wird, kann das Stu­dium lei­den. „Wer merkt, dass es nicht mehr geht, sollte sich früh­zei­tig krank­mel­den“, rät Kerime Faris-Lewe. Mit einer psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Be­schei­ni­gung kön­nen Stu­die­ren­de einen so­ge­nann­ten Nach­teils­aus­gleich be­kom­men. Dann be­kom­men sie unter an­de­rem mehr Zeit für be­stimm­te Auf­ga­ben. Da­ne­ben gibt es laut Faris-Lewe die Op­tion, ein Ur­laubs­se­mes­ter auf­grund von Krank­heit zu nehmen.

Was kann ich tun, bis ich pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung bekomme?

Zum Teil sind die Warte­zei­ten bis zu einem Be­ra­tungs­ter­min lang. Bis dahin kön­nen Stu­die­ren­de ver­suchen, auf sich selbst zu ach­ten. „Es gibt etwas, was immer mehr Stu­die­ren­de be­reits gut machen: Sie hören Pod­cast zu ihren The­men, holen sich In­for­ma­tio­nen auf be­stimm­ten Sei­ten oder nut­zen Apps zum Me­di­tie­ren“, sagt Faris-Lewe. An ers­ter Stel­le gehe es dabei um Selbst­für­sor­ge und darum, den Kopf frei­zu­be­kom­men. „Dazu ge­hört auch, mehr Pau­sen zu machen, sich zu be­we­gen, zu kochen.“

Wie kann ich be­trof­fe­nen Freun­din­nen und Freun­den helfen?

Wer bemerkt, dass Freun­din­nen oder Freun­den mit psy­chi­schen Be­las­tun­gen kämp­fen, soll­te vor allem eines tun: „Das Wich­tigs­te ist, zu­zu­hö­ren – nicht die Si­tua­tion zu ver­harm­lo­sen, aber auch nicht gleich eine Lö­sung an­zu­bie­ten. Ein­fach erst einmal zu­hö­ren“, sagt Faris-Lewe. „Dann kann man auch an­bie­ten, dass man sich da­ne­ben setzt, wenn die Per­son eine Be­ra­tungs­stel­le an­ruft.“ Es könne auch hel­fen, ge­mein­sam zu kochen oder ge­mein­sam spa­zie­ren zu gehen.

Autorin

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz

Pia Marie Wenholz ist Mit­a­rbei­te­rin der Öffent­lichen Olden­burg. Sie ist ver­ant­wort­lich für den Be­reich Pres­se und Kommu­ni­ka­tion.

Mail an "Wir sind Nähe"

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