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Schadenereignisse 2022
Ein Interview mit Claudia Wilgen (Abteilungsdirektorin Schaden der Öffentlichen Oldenburg)
20. April 2022
Was war an den Kumulschaden-Ereignissen im Februar 2022 besonders?
Wir hatten eine historisch hohe Anzahl an Schäden. Das war schon ein Ereignis, was wir in der Form so in den letzten Jahren nicht hatten. Hinzukommt, dass es drei Stürme in kürzester Zeit hintereinander gab, das war ebenfalls besonders. Auch neu für uns war, wie schnell die Kunden an uns herangetreten sind und vor allem, dass sie vermehrt den digitalen Kanal gewählt haben. Das heißt, dass sehr viele Schadenanzeigen online über das Schadenformular unserer Internetseite eingegangen sind – teilweise im Minutentakt.
Haben Sie im Vorfeld - z.B. durch die Wettervorhersage - mit diesem Ausmaß gerechnet?
Wir wussten definitiv, dass da was Größeres auf uns zukommt – dazu hatten wir im Vorfeld auch unsere Homepage schon angepasst. Aber das direkte Ausmaß konnte man natürlich da noch nicht feststellen. Es war schon eine Überraschung, obwohl wir ja selbst gemerkt haben, was für ein Wetter draußen herrscht. Ich persönlich hatte am Freitagnachmittag noch eine Telko mit Kolleginnen und Kollegen verbundweit und man merkte richtig, wie wir alle angespannter wurden, desto stürmischer es auch draußen wurde. Es ging Freitag los mit dem starken Sturm und wir Führungskräfte haben dann im Laufe des Samstags schon festgestellt, wie viele Schäden gemeldet wurden.
Wir haben im Vorfeld auch schon die Unterstützung der Vertriebspartner akquiriert und entsprechende Maßnahmen getroffen. Das bedeutet, eine vereinfachte Schadenaufnahme wurde ermöglicht und Prüfungs- und regulatorische Mechanismen wurden angepasst.
Wie lief die Schadenaufnahme in den ersten Tagen ab?
Wie gesagt, wir hatten eine hohe Anzahl der Kunden, die das online Schadenformular gesucht und auch genutzt haben. Das hatten wir vorher so auch noch nicht. Gleichzeitig sind im Außendienst natürlich die Kunden auch in unsere Geschäftsstellen gegangen. Da haben wir dann schnell gemerkt, dass wir es mit einer hohen Welle zu tun haben. Im nächsten Schritt haben wir dann die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen angesprochen, mit der Bitte uns zu unterstützen. Dann haben wir interne Gruppen gegründet: Die Erfassungsgruppe und die Regulierungsgruppe. Das führte dann dazu, dass Kollegen zum Beispiel aus der Leben-Abteilung auch Sturmschäden aufgenommen und ins System erfasst haben. Also man merkt, wir haben uns hier extrem gegenseitig unterstützt. Das Ganze hat dann auch ca. 14 Tage nach den Ereignissen so angehalten.
Wann und wie haben Sie gemerkt, dass es ein historischer Höchststand werden könnte?
Oh, das ging relativ schnell. Basierend auf den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre hat das Unternehmenscontrolling das Schadenvolumen hochgerechnet. Hier war schon abzusehen, dass es sich alles zügig verdichtet.
Im digitalen Zeitalter ist man auf Technik angewiesen – wie hat diese mitgespielt?
Das war schon eine große Herausforderung – auch verbundweit - das hat zu einer hohen Überlastung der Schadensysteme geführt. Die Verbundunternehmen war ja auch stark betroffen, sodass die Systeme nicht standgehalten haben. Unsere Reaktion zur Entlastung der Technik war die Schichtarbeiten einzuführen. Der Nord- und Südbereich der Öffentlichen Oldenburg wurde aufgeteilt und konnte entweder vormittags oder nachmittags Schäden aufnehmen. Die Kollegen in der Direktion dagegen waren angehalten, die anderen Slots zu nutzen. Das heißt, vor oder nach den Öffnungszeiten der Geschäftsstellen oder in deren Mittagspause. Alle haben hier an einem Strang gezogen und sich gegenseitig unterstützt, das war toll. Am Ende des Tages ist es uns im Sinne unserer Kunden gut gelungen, eine serviceorientierte und unkomplizierte Abwicklung zu gewährleisten.
Welche Bilanz zieht die Schadenabteilung insgesamt nach den drei Stürmen?
Es wird noch eine nachhaltige Reflexion der Schadenbearbeitung geben. Klar, wissen wir schon, dass es Sachen gibt, die wir noch besser machen können zum Beispiel in der Telefonie: mehr Austausch, mehr Kanäle untereinander zur schnelleren Kommunikation. Ab er es gibt auch einige organisatorische Themen, die wir daraus mitnehmen und wo wir draus lernen können, damit wir beim nächsten Mal noch besser darauf vorbereitet sind. Da wir aber kurz vor den Schadenereignissen unser Kumulschadenkonzept intern neu strukturiert haben waren wir schon ganz gut vorbereitet. Da haben wir auch positive Rückmeldungen bekommen, wie schnell wir reagiert haben. Letztendlich hat es uns auch gezeigt, dass es ja nicht nur ein Schadenthema ist, sondern auch die Öffentliche im Gesamtbild betrifft. Denn man sieht uns ja als großes Ganzes von außen.
Vielen Dank für das interessante Interview und ich drücke die Daumen für eine „sturmfreie“ Zeit.