„Kein Bild von mir ist ohne Dangast möglich.“
Neue Ausstellung feiert 100 Jahre Franz Radziwill in Dangast
Die neue Jubiläumsschau im Franz Radziwill Haus beleuchtet das Jahr 1923 – das Jahr, in dem der Künstler sich das Fischerhaus an der heutigen Sielstraße in dem Badeort Dangast kaufte.
5. April 2023
Der beschauliche Ort am Wattenmeer übte auf Radziwill einen ganz besonderen Reiz aus, der sich auch auf seine Malerei auswirkte: Nach seinem Umzug wendet er sich von der expressionistischen Malweise ab und entdeckt den weiten Raum und das Detail für sich. Diesen radikalen künstlerischen Wandel können die Besuchenden derzeit im Künstlerhaus anhand von über 50 Exponaten aus der Zeit von 1919 bis 1925 nachvollziehen. Über 20 Gemälde und dutzende Aquarelle, Zeichnungen, Postkarten und Künstlerbücher veranschaulichen die Entwicklung des Malers, der heute für seine beeindruckenden Landschaftsbilder bekannt ist.
Im Jahr 1923 konnte der in Strohausen geborene Franz Radziwill in Bremen, Hamburg und Berlin bereits erste Erfolge als Künstler feiern. Der Weg weg von diesen brodelnden Metropolen ebnete ihm sein Kollege Karl Schmidt-Rottluff, der ihm den Kurort Dangast empfahl. Hier sollte Radziwill seine zukünftige Frau Johanna Ingeborg Haase kennenlernen und bis zu seinem Tod leben. Heute ist der Name Franz Radziwill nahezu untrennbar von dem Künstlerort am Jadebusen und das Fischerhaus mit seinen An- und Ausbauten gilt als begehbare Künstlerbiografie, die deutschlandweit ihres gleichen sucht.
Für die Kunst des damals 28-Jährigen bedeutete der Umzug in die Provinz einen grundlegenden Wandel: Zeichneten sich Radziwills Arbeiten zuvor durch leuchtende Farben, die mit schneller Geste aufgetragen wurden und ausdrucksstarke Formen aus, so wendet er sich in Dangast von der expressionistischen Malerei ab. Lediglich die Farbintensität behält er bei. Auf der Suche nach einem neuen Realismus entdeckt der junge Maler für sich das Detail und gibt in seinen Werken jedes Detail wieder. Diese sehr präzise Malweise sollte zu einem der Erkennungsmerkmale seines Hauptwerks werden, das sich dem Magischen Realismus zuordnen lässt. In der Schau bezeugt die große Vielfalt der Gattungen den Stilwandel: Zu sehen sind Ansichten von Stadt, Land und Küste, die ergänzt werden von Stillleben, häuslichen Szenen und Portraits von Familienmitgliedern. Besonders interessant und eindrücklich zeigen fünf frühe Gemälde Radziwills den Umbruch: Während auf der Vorderseite ein expressionistisches Gemälde entstanden ist, malte der Künstler zwei oder drei Jahre später ein weiteres auf der Rückseite und machte so den Stilwandel besonders nachvollziehbar. Außerdem präsentiert die Ausstellung erstmals alle vier aquarellierten Künstlerbücher, die Radziwill in den 1920er Jahren schuf und an enge Freunde verschenkte. Damals war er als „Maler-Dichter“ tätig und schrieb vermehrt Gedichte und Prosa.
Begleitend zur Ausstellung „Alles auf Anfang. Hundert Jahre Franz Radziwill in Dangast“ erscheint ein opulenter Katalog mit 120 Seiten und zahlreichen Abbildungen. Die Publikation ist im Künstlerhaus erhältlich und bestellbar. Die Schau ist bis zum 7. Januar 2024 im Franz Radziwill Haus in Dangast zu sehen. Ermöglicht wurde die Jubiläumsschau durch zahlreiche Förderer, unter anderem die Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg.