Moderne Technologie für historische Rekonstruktion
Die Synagoge von Jever erwacht digital zum Leben
Seit dem 7. Dezember 2023 können Besucherinnen und Besucher die Synagoge in Jever in ihrer einstigen Pracht virtuell erleben. An dem Ort, an dem das historische Gebäude von 1880 bis 1938 stand, ist es dank modernster Technik nun möglich, die Synagoge in 3D zu betreten und zu erkunden.
9. Januar 2024
Die Synagoge, die einst als die eleganteste und schönste im Oldenburger Land galt, hatte eine tragische Geschichte. Schon vor der Reichspogromnacht 1938 waren Hakenkreuzschmierereien und Vandalismus an der Tagesordnung. Ein Dutzend Mal wurden Fenster eingeworfen, Gottesdienste konnten zeitweise nicht mehr gefeiert werden, weil das Geld für Reparaturen fehlte. Das endgültige Schicksal ereilte die Synagoge jedoch in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938: Durch Brandstiftung der NSDAP wurde das Gotteshaus vollständig zerstört. Fast alle männlichen Juden wurden von der SA verhaftet, die meisten kamen erst im November oder Dezember wieder frei - vermutlich, weil ihre Angehörigen Ausreisepapiere vorweisen konnten. Von den 50 Jüdinnen und Juden, die 1938 in Jever lebten, konnten nur 12 ins Ausland fliehen.
Das 1954 auf dem Synagogengrundstück errichtete Gröschlerhaus birgt heute die Erinnerung an das historische Gotteshaus. Trotz der Zerstörung existieren nur zwei Fotos vom Inneren der Synagoge, während die Außenstruktur besser dokumentiert ist. Dank modernster Technik wird die Synagoge nun digital wieder zum Leben erweckt. Die auf umfangreichen Recherchen basierende virtuelle Rekonstruktion bietet nicht nur die Möglichkeit, das Innere der Synagoge zu erkunden, sondern präsentiert das Gebäude auch in beeindruckenden Echtzeit-3D-Visualisierungen und 360-Grad-Ansichten mit Hilfe von VR-Brillen. Gleichzeitig wird eine 2D-Visualisierung auf einem großen Bildschirm gezeigt. Die Besucherinnen und Besucher können durch sechs Stationen navigieren, die durch gesprochene Texte erläutert werden, und so die Geschichte der Synagoge Jever hautnah erleben.
Verantwortlich für diese eindrucksvolle virtuelle Wiederbelebung ist Reunion Media Norden (Menno Mennenga) mit Hartmut Peters als Leiter der Recherche und Redaktion, unterstützt von Clemens Arnold-Hoffmann. Der Jeverländische Altertums- und Heimatverein Jever und der Arbeitskreis Gröschler-Haus sind die Initiatoren des Projektes, das vom Schlossmuseum Jever fachlich unterstützt wird.
Die Idee einer virtuellen Synagoge wurde bereits 2018 im Gröschler-Haus geboren. Nach fünf Jahren intensiver Arbeit ist die Vision nun Wirklichkeit geworden. Die Visualisierungen sind Teil der Dauerausstellung "Die Juden von Jever und ihre Synagoge", die im April 2023 eröffnet wurde. Hartmut Peters betont die Bedeutung dieses High-Tech-Erlebnisses als Brücke zwischen Vergangenheit und heutigem Verständnis. Großzügige finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt von 230 Privatpersonen und verschiedenen Organisationen, darunter die Kulturstiftung Öffentliche Oldenburg, die Stadt Jever sowie weitere Stiftungen und Vereine.