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    Spielkultur - aktueller denn je

„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“, so sagte einst Friedrich Schiller. Tat­säch­lich hat das Spie­len eine jahr­tau­send­lan­ge Tra­di­tion. Ob Ge­sell­schafts­spie­le, Com­pu­ter­spie­le oder Glücks­spie­le, ob zu­sam­men mit meh­re­ren oder all­eine – auf der gan­zen Welt und in je­der Kul­tur wird ge­spielt. Fragt man die Wis­sen­schaft, so för­dert Spie­len vie­ler­lei mo­to­ri­sche, geis­ti­ge und so­zia­le Fä­hig­kei­ten – bei Kin­dern eben­so wie bei Er­wach­se­nen. Hier soll es jetzt um Brett- und Kar­ten­spie­le gehen. Weil das An­ge­bot rie­sig ist, gibt es - wie bei Büchern - Best­sel­ler­lis­ten. Mehr Spaß macht es aber, sich selbst im Spie­le­la­den um­zu­schauen.

27. April 2020

Jan Maguna, Comic Buch & Spie
Bild: Jan Maguna, Comic Buch & Spiel, Foto: Birgit Denizel
Kaum zu glauben, aber zu den be­lieb­tes­ten Spie­len für Ju­gend­liche und Er­wach­se­ne gehört Pandemic Legacy. Be­reits 2016 zum Ken­ner­spiel no­mi­niert, ver­rät schon der Titel, worum es geht: um den Kampf gegen die Pan­de­mie. Pandemic Legacy ist ein Ko­ope­ra­tions­spiel, das Zug um Zug vor­an­schrei­tet. Kurz ge­sagt geht es darum, dass ein Team von zwei bis vier Spie­lern ge­mein­sam ver­sucht, die Welt zu ret­ten, indem sie Heil­mittel ge­gen vier gras­sie­ren­de Seu­chen suchen. Dabei über­neh­men die Spie­ler die Rol­le von Spe­zia­lis­ten, die welt­weit zum Ein­satz kom­men. Im ge­sam­ten Ver­lauf öff­net man immer wie­der Um­schlä­ge oder Käs­ten, deren In­hal­te die Si­tua­tio­nen ver­än­dern kön­nen. „An­ge­nom­men man schei­tert in der ers­ten Par­tie, dann darf man be­stimm­te Bo­xen öff­nen, um noch mehr Cha­rak­te­re oder staat­liche Sub­ven­tio­nen zu be­kom­men, die die Spie­ler unter­stüt­zen“, er­klärt Jan Maguna von Comic Buch & Spiel. Wem es zu kom­pli­ziert er­scheint, der wählt den ein­fache­ren Vor­läu­fer Pan­de­mie, das Spiel des Jah­res 2009.

Ebenso be­liebt ist Gloom Heaven, ein so­ge­nann­ter Dungeon-Crawler. Ge­meint ist ein Rol­len­spiel, in dem man sich durch ein irr­gar­ten­ar­ti­ges Raum- oder Gän­ge­sys­tem be­wegt. Im oft unter­ir­disch ge­le­ge­nen Dun­geon gilt es, nütz­liche oder für die Hand­lung re­le­van­te Ge­gen­stän­de zu ber­gen und dabei ge­gen lauern­de Drachen und Mons­ter zu kämp­fen. „In der ge­spiel­ten Welt ver­kör­pert je­der einen Cha­rak­ter“, so Jan Maguna. „Auf den da­zu­ge­hö­ri­gen Cha­rak­ter­kar­ten steht drauf, wel­ches Cha­ris­ma man hat, wie stark man ist oder wie weit man lau­fen kann.“ Im preis­ge­krön­ten Gloom Heaven kreist die Hand­lung um die titel­ge­ben­de Stadt. Auch in die­sem Spiel ist Ko­ope­ra­tion an­ge­sagt. Ge­mein­sa­me Auf­ga­be ist es, die Le­bens­zie­le der Cha­rak­te­re zu er­rei­chen. „Dabei steht man immer wie­der vor Ent­schei­dun­gen und je nach­dem, wel­chen Weg man wählt, nimmt das Spiel sei­nen Lauf. Gerade das Un­vor­her­ge­se­he­ne ist das Span­nen­de an die­sem Spiel.“
Fog of Love
Foto: Birgit Denizel
Für zwei Erwachsene em­pfiehlt der Spie­le-Ex­per­te das puzzle­ar­tig kon­zi­pier­te Patch­work und das Lege­spiel Mandala. Ein drit­tes ist das Stra­te­gie­spiel Hive. Hier spielt man mit zwei In­sek­ten­schwär­men. Ziel ist, die geg­ne­ri­sche Bie­nen­kö­ni­gin fest­zu­set­zen. Der eine Spie­ler hat einen schwar­zen, der an­de­re eine wei­ßen Schwarm. Wie beim Schach hat jede Figur, zum Bei­spiel Gras­hüp­fer, Ma­rien­käfer oder Mos­ki­to, in­di­vi­duel­le Be­we­gungs­mög­lich­kei­ten. Im Ver­gleich zu Schach ist Hive je­doch viel kurz­wei­li­ger. Ins­be­son­de­re für Paare ge­macht ist Fog of Love, das uns in eine fik­ti­ve Be­zie­hung hin­ein­wirft. Das Spiel wird vom Ent­wick­ler als ro­man­ti­sche Ko­mö­die be­zeich­net, in der man vom ers­ten Ken­nen­ler­nen die Irrun­gen und Wir­run­gen einer Be­zie­hung er­lebt. Dabei be­stim­men wir zu­nächst un­se­ren ei­ge­nen Cha­rak­ter, wäh­len We­sens­züge und einen Beruf aus. Wei­ter spie­len wir in ein­zel­nen Ka­pi­teln ab­wech­selnd Sze­nen­kar­ten aus, darunter der ers­te ge­mein­same Besuch bei Ikea oder im Frei­zeit­park. Am Ende zählt, mög­lichst viele „Herz­chen“ zu ge­win­nen. Eine Runde dauert ein bis zwei Stunden.
Das Spektrum der The­men ist groß. Für die Kunst­lieb­haber ist Belratti un­be­dingt er­wäh­nens­wert. Der be­gna­de­te Kunst­fäl­scher Belratti - die An­spie­lung auf Beltracchi ist über­deut­lich - führt die Kunst­welt hin­ters Licht. Sei­ne Fäl­schun­gen ge­lan­gen in die be­rühm­tes­ten Mu­seen. Jeder Spie­ler er­hält die Rolle eines Mu­seums­lei­ters oder eines Ma­lers. Man spielt mit bun­ten Ge­mäl­de­kar­ten, die zu Aus­stel­lun­gen zu­sam­men­ge­setzt wer­den. Hier gilt es, die Fäl­schun­gen zu ent­lar­ven und mög­lichst vie­le Ori­gi­nale zu sam­meln. Ein Kar­ten­spiel für 3 bis 7 Spie­ler, in dem alle zu­sam­men gegen Belratti spielen.
Jan Maguna, Comic Buch & Spie
Bild: Jan Maguna, Comic Buch & Spiel, Foto: Birgit Denizel
Ein Tipp für die Jün­ge­ren ist das 3D-Sta­pel­spiel Rhino Hero. „Dabei bauen Rhino Hero und seine Super­hel­den-Freun­de einen Wol­ken­krat­zer aus Kar­ten“, so Jan Maguna. Je höher die­ser wird, desto wack­li­ger ist er auch. Wer ge­schickt wür­felt, zieht den ei­ge­nen Super­hel­den wei­ter nach oben und ver­teidigt sei­nen Platz per Wür­fel gegen die an­de­ren Spie­ler. Der Ver­lie­rer muss lei­der eine Eta­ge run­ter stei­gen. Em­pfoh­len ab 5 Jahren, ist Rhino Hero zwar ein ty­pi­sches Battle-Spiel, an­de­rer­seits aber auch ein fas­zi­nie­ren­des Ba­lan­ce-Spiel, denn das Hoch­haus kann bei ge­schickter Bau­wei­se fast einen Meter hoch wer­den. Für Kin­der, die nicht so gerne ge­gen­ein­an­der spie­len, lau­tet die Em­pfeh­lung  Hamsterbande. Es ist ein ko­ope­ra­ti­ves Brett­spiel mit be­weg­lichen Ele­men­ten, bei dem bis zu vier „Hams­ter“ ge­mein­sam Vor­rä­te sam­meln: Karot­ten, Klee und Ge­trei­de­ähren müs­sen in die rich­ti­gen Vor­rats­räu­me ge­bracht wer­den, bevor – als wei­te­res Ele­ment im Spiel – alle Blät­ter vom Baum ge­fal­len sind. Dabei kann man Vor­rä­te tau­schen oder ab­ge­ben, Haupt­sache man schafft das vor dem Win­ter. Hamsterbande kön­nen Kinder übri­gens auch allein spielen.

Weitere An­re­gun­gen gibt es in der nächst­ge­le­ge­nen Spie­le­hand­lung, in Oldenburg zum Bei­spiel bei Comic Buch & Spiel in der Staustraße 20. Schnell stellt man fest, Lange­weile war gestern.

Autorin

Birgit Denizel

Birgit Denizel

Birgit Denizel ist als freie Kultur- und Kunst­wis­sen­schaft­le­rin tätig.

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