Ciao, Sehnsucht!
Italien neu interpretiert im Oldenburger Kunstverein
Italien hat für die Deutschen seit Jahrhunderten eine fast magische Anziehungskraft. Diese Faszination, die bereits durch Goethes „Italienische Reise“ im 18. Jahrhundert verstärkt wurde, bleibt bis heute bestehen. Italien steht für Sehnsucht – nach Schönheit, Kultur und dem mediterranen Lebensstil. Doch hinter dieser romantischen Vorstellung verbirgt sich oft ein idealisiertes Bild. Ungeachtet dessen bleibt Italien fest verankert im kulturellen und geistigen Bewusstsein Europas.
17. September 2024
Die Ausstellung „Ciao! / Hellgelb“, die vom 23. August bis zum 17. November 2024 im Oldenburger Kunstverein gezeigt wird, lädt die Besucherinnen und Besucher ein, Italien aus einer neuen Perspektive zu entdecken. Die Werke von Talisa Lallai und Conrad Müller setzen sich auf unterschiedliche Weise mit der italienischen Sehnsucht auseinander und bieten eine Reise sowohl durch äußere Landschaften als auch in innere Welten der Reflexion.
Talisa Lallai, geboren 1989 in Frankfurt am Main, ist als Tochter italienischer Eltern aufgewachsen und wurde früh von einer romantisierten Vorstellung Italiens geprägt. Ihre Fotografien, die auf zwei Reisen durch Norditalien entstanden sind, spiegeln diese persönliche Auseinandersetzung mit einem Land wider, das sie immer wieder neu entdeckt. Lallai zieht es abseits der touristischen Hotspots in die Seitenstraßen und dokumentiert stille Spuren menschlicher Anwesenheit – ohne die Menschen selbst zu zeigen. Ihre analogen Fotografien besitzen eine bewusste Unvollkommenheit, die durch spontane Aufnahmen ohne Stativ entsteht. In einer Serie fängt sie die Bewegung von vorbeiziehenden Gondeln ein, wobei die leicht verschobene Horizontlinie den Eindruck von Dynamik vermittelt. Ihre Bilder fangen die stillen, poetischen Seiten Italiens ein, die hinter den Fassaden der touristischen Klischees verborgen bleiben.
Conrad Müller, geboren 1983 in Blankenburg, widmet sich in seiner Kunst der Verbindung zwischen Bildern und der Wahrnehmung des Raums. Während Lallai den äußeren Blick auf Italien fokussiert, beschäftigt sich Müller in seinen fast abstrakten Fotografien mit einer introspektiven Reise. Er experimentiert in seinen analogen Arbeiten mit feinen Farbverläufen und subtilen Nuancen, die das Auge des Betrachtenden auf eine Reise der Wahrnehmung führen. In manchen Werken finden sich versteckte Hinweise auf die reale Welt, wie etwa die Sonne, die als Verbindung zwischen den abstrakten Farbwelten und der menschlichen Erfahrung dient. Müllers Werke beeindrucken durch ihre rhythmischen und minimalistischen Kompositionen, die trotz ihrer Reduktion eine starke emotionale Resonanz auslösen.
Die Ausstellung im Oldenburger Kunstverein zeigt eindrucksvoll, wie vielfältig die Ausdrucksformen der Fotografie sein können. Während Talisa Lallai uns in die äußere Realität Italiens eintauchen lässt und die Sehnsucht nach diesem Land thematisiert, fordert Conrad Müller den Betrachter auf, sich auf eine innere Reise zu begeben und die Wahrnehmung von Bildern neu zu hinterfragen.